Der Vorraum der Mikwe mit dem Abgang zum Schacht im unterirdischen Rundgang von MiQua.

Das mittelalterliche jüdische Viertel – einzigartige Einblicke in das Alltagsleben

Die spektakulären Ausgrabungen und Funde auf dem Kölner Rathausplatz geben einzigartige Einblicke in das mittelalterliche jüdische Viertel und den Alltag der Menschen, die dort lebten. Ein Blick in die Synagoge und die monumentale Mikwe, das jüdische Ritualbad, sowie ein Gang durch die mittelalterlichen Keller der Wohnhäuser machen seine wechselvolle Geschichte unmittelbar erfahrbar.


Eine Rekonstruktion des Synagogenhofs im jüdischen Viertel in Köln im 14. Jahrhundert. Die Häuser an dem Hof sind aus grauen Steinen und Holzbalken gebaut.

Der Synagogenhof im 14. Jahrhundert (Rekonstruktionsvorschlag). Foto: © Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3 – Archäologische Zone / Jüdisches Museum, LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln, Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Digitales Gestalten

Kahal Kolonia - eine der ältesten und bedeutendsten jüdischen Gemeinden nördlich der Alpen

Rund 400 Jahre lebte die mittelalterliche jüdische Gemeinde mitten im Herzen der Stadt Köln - vom 11. Jahrhundert bis zu ihrer Ausweisung im Jahr 1424. Die Kahal Kolonia war eine der ältesten und bedeutendsten jüdischen Gemeinden nördlich der Alpen. Ihr Viertel ist heute das archäologisch am besten untersuchte in Europa.


Der Keller des jüdischen Hospitals im unterirdischen Rundgang von MiQua.

Keller des jüdischen Hospitals. Foto: Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3-Archäologische Zone, Ertan Özcan

Ein lebendiges Gemeindeleben

Ein Ensemble von Gemeindebauten wie die Synagoge aus dem 11. Jahrhundert, das monumentale Ritualbad, die Mikwe, aus dem 12. Jahrhundert, das jüdische Hospital, ein gemeinsam genutztes Backhaus sowie ein Hochzeits- oder Tanzhaus zum Feiern von Festen zeugen von einem gut organisierten, lebendigen Gemeindeleben. Zahlreiche Funde zeichnen noch heute ein anschauliches Bild von ihrer Ausstattung.
Das Rathaus, das die Kölner*innen im 12. Jahrhundert mitten im jüdischen Viertel errichteten, und seine Entwicklung zeigen die enge Verzahnung zwischen der jüdischen Gemeinde und der Stadt und wie sich das Verhältnis zwischen beiden im Laufe der Zeit wandelte.

Video: Was ist eine Mikwe?

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Funde aus einer mittelalterlichen Latrine: Bruchstück eines Mörsers mit Griff in Form eines Elefantenkopfes, Hals einer Glasflasche, Messergriff aus Knochen, Siegelstempel Fingerring und Spielwürfel. Die Objekte wurden auf einem weißen Hintergrund fotografiert.

Die Funde aus einer mittelalterlichen Latrine geben einen Einblick in die reiche mittelalterliche Alltagskultur: Bruchstück eines Mörsers mit Griff in Form eines Elefantenkopfes, Hals einer Glasflasche, Messergriff aus Knochen, Siegelstempel Fingerring und Spielwürfel. Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Einblicke in den jüdischen Alltag

Die ebenfalls untersuchten Wohnhäuser mit ihren Latrinen und Brunnen lassen hingegen den mittelalterlichen Alltag im jüdischen Viertel lebendig werden. In farbigen Ofenkacheln oder dekorativen Bodenfliesen spiegelt sich die Ausstattung der Wohnungen wieder. Andere Funde geben Einblicke in die Küche und Tischkultur, in die Mode oder zeugen von der Beliebtheit von Spielen wie Schach oder Tric Trac, dem Vorgänger des heutigen Backgammon.

„Die einzigartigen Funde aus dem mittelalterlichen jüdischen Viertel sind eine aufregende Zeitkapsel. Sie erlauben es uns, mitten in den Alltag der Menschen einzutauchen.“
Dr. Tanja Potthoff
Kuratorin der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit

Eine Hebräische Inschrift auf einer Mauer im Ausgrabungsbereich des jüdischen Viertels in Köln im unterirdischen Rundgang von MiQua. Im Keller des so genannten Hauses Livermann an der Judengasse fand sich ein zugemauertes Fenster mit einer hebräischen Inschrift. Diese besagt, dass durch dieses Fenster die Fäkalien herausgenommen werden, denn es führte unmittelbar zum Schacht einer Latrine. Foto: Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3-Archäologische Zone, Michael van den Bogaard


Schiefertafel mit eingeritzter Rittererzählung in Altjiddisch. Die braune Schiefertafel ist vor einem hellgrauen Hintergrund fotografiert.

Schiefertafel mit eingeritzter Rittererzählung in Altjiddisch. Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Ein außergewöhnlicher Fund: 500 Schiefertafeln

Ein ganz außergewöhnliches Fundensemble stellen über 500 Schiefertäfelchen mit hebräischen Graffiti und Zeichnungen dar. Hier finden sich Schulübungen neben Listen mit Namen und kleinen Geldbeträgen, Vorzeichnungen für Buchillustrationen oder Karikaturen. Einzigartig ist eine Rittererzählung auf Altjiddisch.


Ein Fuß in Form eines Drachen, der einen Kerzenleuchter aus dem 12. Jahrhundert zierte, der während des Pogroms von 1349 zerstört wurde. Das Objekt wurde vor einem hellgrauen Hintergrund fotografiert.

Der Fuß in Form eines Drachen zierte einen Kerzenleuchter aus dem 12. Jahrhundert, der während des Pogroms von 1349 zerstört wurde. Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Von Miteinander und Konflikten

So legen die archäologischen Mauern und Funde ein eindrückliches Zeugnis von der wechselvollen Geschichte der jüdischen Gemeinde ab. Neben einem friedlichen und florierenden Miteinander belegen sie auch gewalttätige Konflikte wie das so genannte Pestpogrom im Jahr 1349, bei dem die Angreifer sämtliche Einwohner*innen im Viertel, die nicht fliehen konnten, ermorden.

1424 müssen Jüdinnen und Juden auf Anweisung des Stadtrates Köln verlassen. Die Häuser gehen in christlichen Besitz über und die Synagoge wird zwei Jahre später als Ratskapelle geweiht. Erst 1798 darf das erste jüdische Ehepaar wieder dauerhaft in Köln wohnen.

Einblicke in die zukünftige Ausstellung

Eine Simulation des unterirdischen Rundgangs von MiQua aus der Vogelperspektive. Der Gang führt führt durch die Ausgrabungen der Kellerräume des jüdischen Viertels und des Goldschmiedeviertels. Archäologischer Rundgang im jüdischen Viertel, Gang zwischen Synagoge und Goldschmiedehäusern (Simulation). Grafik: Wandel Lorch Götze Wach
Eine Simulation durch den unterirdischen Rundgang von MiQua, der rechts die archäologische Ausgrabung der Synagoge zeigt. Im Hintergrund sind zahlreiche Schiefertafeln an einer hohen Wand angebracht. Links im Bild geht ein Mensch durch den Rundgang. Archäologischer Rundgang im jüdischen Viertel, Ankunft vor der Synagoge (Simulation). Grafik: Wandel Lorch Götze Wach

Bildergalerie

Eine Schwarzweiß-Fotografie des Eingangs in der Kölner Mikwe im unterirdischen Rundgang von MiQua. Die Treppen runter zur Mikwe sind in einer Vogelperspektive fotografiert. Die Mauern im Treppengang zur Mikwe zeigen eine Nische für ein Fenster sowie eine weitere, größere Nische.

Nischen zum Ablegen von Kleidung und Lampen in der Mikwe. Foto: Luzie Ronkholz / MiQua

Rekonstruktion des Innenraums der Kölner Synagoge aus dem Mittelalter im jüdischen Viertel. In dem Innenraum ist die Bima rekonstruiert. Durch Fenster in den Außenwänden der Synagoge dringt etwas licht in den sonst sehr dunklen Raum.

Die Bima. Die Ausstattung der Synagoge lässt sich anhand der zahlreichen Funde rekonstruieren. Grafik: © Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3 – Archäologische Zone/Jüdisches Museum,

Ein Blick in den Ausgrabungsbereich eines Kellers eines Hauses im mittelalterlichen jüdischen Viertel in Köln. Die Grabungen liegen offen.

Keller eines Hauses an der Judengasse, das 1349 während des sogenannten Pestpogroms zerstört wurde. Foto: Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3-Archäologische Zone, Marco Hocke

Nahaufnahme einer Inschrift mit hebräischen Schriftzügen, die in der mittelalterlichen Mauer eines Kellers im unterirdischen Rundgang von MiQua reingeritzt sind.

Hebräische Latrineninschrift im Haus Livermann. Foto: Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3-Archäologische Zone, Michael van den Bogaard.

Ein Keller unter der Lesekanzel für die Tora, der Bima, im Zentrum der Synagoge im unterirdischen Rundgang von MiQua. Die Ausgrabungen werden durch hereinströmendes Licht erhellt.

Ein Keller unter der Lesekanzel für die Tora, der Bima, im Zentrum der Synagoge diente vermutlich als Archiv. Foto: Stadt Köln, Dezernat Kunst und Kultur, VII/3-Archäologische Zone, Michael van den Bogaard.

Die drei Objekte sind vor einem hellgrauen Hintergrund abgebildet. Sie zeigen verbrannte Kettenhemden aus dem Schutt des Pogroms von 1349.

Die verbrannten Kettenhemden aus dem Schutt des Pogroms von 1349 geben ein eindrückliches Zeugnis von den massiven Bränden, die während des Angriffs ausbrachen. Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

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