Glossar

Arisierung:
Der NS-Begriff „Arisierung“ bezeichnet den Vorgang der Enteignung des Besitzes von Jüdinnen*Juden, also deren Unternehmen, Geschäfte, Haus- und Grundeigentum sowie Aktien, Barvermögen, und die Übereignung an nichtjüdische (im nationalsozialistischen Sprachgebrauch „arische“) Privatleute, Firmen oder an den Staat.
Bar / Bat Mitzvot:
Mit Vollendung des 13. Lebensjahres wird ein Jude religionsmündig. Als ein Bar Mitzwa, ein Sohn des Gebots, wird er zum ersten Mal zur Tora-Lesung in der Synagoge aufgerufen. Seit dem 19. Jahrhundert wird in liberalen Gemeinden auch die religiöse Volljährigkeit des Mädchens gefeiert. Sie wird bereits mit 12 Jahren Bat Mitzwa, also Tochter des Gebotes, und hält einen Vortrag in der Synagoge. Hier zählt sie nun wie der Junge zum Minjan, also zu den 10 Personen, die mindestens zur Durchführung eines Gottesdienstes notwendig sind.
Beate und Serge Klarsfeld:
Deutsch-französisches Ehepaar, das sich bis heute einsetzt und nicht selten das eigene Leben riskiert hat, um ehemalige Nationalsozialist*innen und Kriegsverbrecher*innen vor Gericht zu bringen.
Drancy:
Sammel- und Durchgangslager, das sich in der Nähe von Paris befand. Von hier aus wurden Zehntausende Jüdinnen*Juden, hauptsächlich französische und staatenlose, in Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert. Gefangene in Drancy mussten dort unter den widrigsten Bedingungen leben.
„Entartete Kunst“:
Als „Entartete Kunst“ galten im NS-Regime alle Kunstwerke und kulturellen Strömungen, die mit dem Kunstverständnis und dem Schönheitsideal der Nationalsozialist*innen nicht in Einklang zu bringen waren: Expressionismus, Impressionismus, Dadaismus, Neue Sachlichkeit, Surrealismus oder Kubismus. Als „entartet“ galten unter anderen Werke von Ernst Ludwig Kirchner, Max Ernst oder Paul Klee. Eine gleichnamige Ausstellung zeigte ab 1937 Kunstwerke dieser Strömungen, in der die Exponate mit Zeichnungen von geistig Behinderten gleichgesetzt und mit Fotos verstümmelter Menschen kombiniert wurden – Ziel war dabei, bei den Besucher*innen Abscheu und Beklemmungen auszulösen. Zahlreiche Kunstwerke wurden in der Zeit des NS-Regimes ins Ausland verkauft oder zerstört.
Fils et Filles des Déportés Juifs de France (FFDJF):
Vereinigung von Söhnen und Töchtern der deportierten Jüdinnen*Juden aus Frankreich, die 1979 von Beate und Serge Klarsfeld gegründet wurde und seither unter dem Vorsitz der beiden ist. Ihr Ziel ist es, die Rechte der Nachfahren der jüdischen Deportierten einzufordern und die überlebenden Verantwortlichen der Schoa vor Gericht zu bringen. Dank ihres Einsatzes erkannten die französischen Behörden die Verantwortung und Schuld des Vichy-Regimes in der Verfolgung der Jüdinnen*Juden öffentlich an. Lange wurde verschwiegen beziehungsweise bestritten, dass auch französische Beamte und Polizist*innen im Namen Frankreichs in der Schoa verwickelt waren.
Geltungsjude:
Während der Zeit des Nationalsozialismus führte der Staat die „Nürnberger Gesetze“ ein. Diese waren rassistisch begründet und verfolgte all jene, die mindestens einen nach nationalsozialistischer Definition „jüdischen“ Großelternteil hatten – ungeachtet des Glaubensbekenntnisses. Den betroffenen Menschen wurde damit ihre deutsche Staatsangehörigkeit und Bürgerrechte aberkannt. Dabei unterschied das NS-Regime zwischen „Volljuden“ und „Halbjuden“, die sie auch „Mischlinge“ nannten. Eine Person, die einen jüdischen und nichtjüdischen Elternteil hatte und nach jüdischer Tradition erzogen wurde, galt als „Geltungsjude“. Ehen, die zwischen jüdischen und nichtjüdischen Partner*innen entstanden und ihre Kinder nicht nach jüdischem Glauben erzogen, wurden als „privilegierte Mischehen“ bezeichnet. So musste der jüdische Partner beispielsweise nicht den „Gelben Stern“ tragen, sofern das Paar Nachwuchs hatte.

Diese diskriminierenden Regelungen entsprachen keinesfalls der jüdischen Tradition und sind als menschenrechtsverletzend zu betrachten.
Gestapo
ist die Abkürzung für Geheime Staatspolizei. Als politische Polizei der nationalsozialistischen Machthaber*innen verfügte sie über jegliche Macht, um Gegner*innen des Nationalsozialismus zu verfolgen. Als solche galten politische Gegner*innen, aber auch aus nationalsozialistischer Sicht „minderwertige“ Personen wie Jüdinnen*Juden, Sinti*zze, Rom*nja, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen u.a. Die Gestapo war für ihre brutalen Foltermethoden berüchtigt und gefürchtet. Die Organisation ist maßgeblich für die Verfolgung, Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung sowie der Sinte*zze und Rom*nja während des NS-Regimes verantwortlich.
Ghettohaus:
Als „Judenhaus“ bezeichneten Nationalsozialist*innen Wohnhäuser aus ehemals jüdischem Eigentum, in die ausschließlich jüdische Mieter*innen zwangsweise einziehen mussten. Hier waren sie gezwungen, in engen Verhältnissen mit anderen, teilweise unbekannten Menschen zu leben. Um den nationalsozialistischen Begriff „Judenhaus“ zu vermeiden, wird heute das Wort „Ghettohaus“ verwendet.
Jawne:
Die Jawne war ein jüdisches Gymnasium in Köln und existierte von 1919 bis 1942. Es war das erste jüdische Gymnasium im Rheinland.
Jüdinnen*Juden:
Der Begriff umfasst in der Zeit des Nationalsozialismus auch Menschen, die nach nationalsozialistischer Definition als solche verfolgt wurden.
Kurt Lischka
war ein deutscher SS-Obersturmbannführer und Gestapo-Chef, der sich aktiv an den Verfolgungen der Jüdinnen*Juden beteiligte. Von Januar bis August 1940 war Lischka Chef der Kölner Gestapo, die im EL-DE-Haus ihren Sitz hatte. Im November des gleichen Jahres wurde er nach Paris versetzt, wo er bis September 1943 blieb. Er war für die Deportation von mindestens 73.000 Jüdinnen*Juden über das Lager Drancy in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau mitverantwortlich. Nach dem Krieg lebte und arbeitete er lange unbehelligt, bis ihn das Ehepaar Klarsfeld in Köln aufspürte. Erst 1979 kam es zum Gerichtsprozess; er wurde anschließend zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
NSDAP:
Die 1920 gegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei war eine politische Partei, deren Programm, Weltansichten und Ideologie von radikalem Antisemitismus und Nationalismus bestimmt war. Darüber hinaus lehnte die Partei Demokratie und Marxismus strikt ab. Ab 1921 stand Adolf Hitler, der spätere Reichskanzler, als Vorsitzender an der Spitze der Partei. Während des „Dritten Reiches“ (1933-1945) war die NSDAP die einzige zugelassene Partei. Nach dem Zweiten Weltkrieg stuften die Alliierten sie mit ihren Untergliederungen wie beispielsweise der „Hitlerjugend“ und der „Kraft durch Freude“ als verbrecherische Organisation ein. Sie wurde damit aufgelöst und verboten.
Reichssicherheitshauptamt:
Im Jahr 1939 wurde das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) gegründet. Es vereinigte die bisherigen Kommandostellen der Gestapo, Kriminalpolizei und des Sicherheitsdienstes (SD). Somit waren die Möglichkeiten und Kompetenzen von staatlichen Organen und Unterorganisationen der NSDAP eng miteinander verbunden. In der Gründung des RSHA gipfelte die von Heinrich Himmler erzwungene Verselbstständigung des Gewaltapparats.
Schoa:
Systematische Massenvernichtung von ca. sechs Millionen Jüdinnen*Juden in Deutschland und Europa zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Das Wort „Schoa“ kommt aus dem Hebräischen und bedeutet Katastrophe.
Stolpersteine
sind kleine Denkmale für Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Sie werden vor den letzten freiwillig gewählten Wohnhäusern verlegt, in denen die Menschen vor ihrer Flucht oder Verhaftung lebten. Damit erinnern sie individuell an das Schicksal der Verfolgten und werfen gleichzeitig Fragen nach Täter- und Mittäterschaft auf.

Stolpersteine können für alle Opfer des NS-Regimes verlegt werden. So erinnern die kleinen Gedenktafeln nicht nur wie hier an jüdische Personen, sondern beispielsweise auch an politisch Verfolgte, an Sinti*zze und Rom*nja und an Menschen, die als homosexuell verfolgt wurden. Verantwortlich für das Projekt „Stolpersteine“ ist der Künstler Gunter Demnig. Mitte der 1990er Jahre verlegte er in Köln die ersten Stolpersteine. Seitdem sind alleine in dieser Stadt rund 2.500 Steine hinzugekommen (Stand Sommer 2021). Auch in zahlreichen anderen deutschen Städten sowie in Ländern, die während des Krieges von Deutschland überfallen wurden, wird heute mit den Steinen der verfolgten Bürger*innen gedacht.

Das Projekt beruht auf bürgerschaftlichem Engagement. Ein Stolperstein kann immer dann verlegt werden, wenn Einzelne oder Gruppen eine kostenpflichtige Patenschaft übernehmen. Häufig sind dies Personen, die in der Nähe wohnen oder arbeiten. Auch manche Vereine übernehmen Patenschaften, um etwa an ehemalige Mitglieder zu erinnern. Und auch Schulen sponsern regelmäßig Stolpersteine in ihrer Nachbarschaft oder lassen sie für ehemalige Schüler*innen vor dem Schulgebäude verlegen.
Vernichtungslager:
Konzentrationslager, das zur Zeit des Nationalsozialismus ausschließlich zur Ermordung der Gefangenen bestimmt war. Die Nationalsozialist*innen ließen sie insbesondere für die systematische Tötung der europäischen jüdischen Bevölkerung bauen. Die meisten Vernichtungslager befanden sich im besetzten polnischen Gebiet.